„Wer bereit ist alles zu geben, kann auch alles erreichen“ – Gewinner:innen Team VoltVoyage im Interview

© Lukas Kreibig

E-Bikes einfach laden und umweltbewusst von A nach B kommen – die Gewinner:innen des DGPS 2022 des hessischen Teams „VoltVoyage“ im Interview.


Die Mobilitätswende voranbringen möchten viele junge Menschen, grundlegende Ideen kursieren zuhauf. Doch wenn es konkret wird, fehlt es oft an Details. Team „VoltVoyage“, das beim Deutschen Gründerpreis für Schüler:innen 2022 den 1. Platz belegte, hat mit der vStation über den Tellerrand geschaut und eine Lösung gefunden, wie E-Bikes komfortabel und nachhaltig geladen werden können. Dabei erzeugt die Ladestation tagsüber mit Hilfe von Solarzellen bis zu 60 % des benötigten Stroms selbst. Von ihrer Idee erzählen die sechs Schüler:innen aus Hessen hier im Interview.

1. Die Jury lobt die fundierte Analyse eures Produkts. Seid ihr selbst E-Biker:innen? Wo habt ihr euch informiert?

Bennet Haeberlin: Keiner aus unserem Team ist aktive:r E-Biker:in. Zum Glück haben wir aber einige Menschen in unserem Umfeld, die ein E-Bike besitzen und dieses regelmäßig nutzen. Das sind Eltern und Verwandte, aber auch Freund:innen und andere Bekannte. Sie kennen sich gut mit E-Bikes und deren Problemen aus und waren dementsprechend unsere erste Anlaufstelle für Informationen. Für die theoretische Ausarbeitung der Idee haben wir eng mit ihnen zusammengearbeitet - denn wer weiß schon mehr über die Bedürfnisse von E-Biker:innen, als die Betroffenen selbst?

Natürlich kam uns auch das Internet in vielen Aspekten zu Hilfe: Umfragen, Statistiken, etc. haben uns stark geholfen, den Markt zu analysieren und besser zu verstehen. Auch zu Dingen, die nichts mit E-Bikes zu tun haben, wie zum Beispiel Informationen über das Gründen und Rechtliches, haben wir weitestgehend im Internet recherchiert.

Als es irgendwann an die technische Umsetzung und den Bau des ersten Prototypen ging, hat das Internet nicht mehr ausgereicht: professionelle Hilfe musste her. Wir sind deshalb mit regionalen sowie überregionalen Unternehmen in Kontakt getreten, um technische Unterstützung beim Bauen des Prototypen zu erhalten. Dafür sind wir sehr dankbar, denn ohne diese Unternehmen wäre das Projekt „VoltVoyage” wohl auf halber Strecke verdurstet.

2. Warum interessiert ihr euch mehr für die Ladestation, als für das E-Bike selbst?

Nora Heinzer: Mit unserem Fokus auf die komfortable Nutzung von Ladestationen kann jede:r – egal mit welchem Akku – einen Vorteil erhalten. Obwohl die Akkukapazität das eigentliche Problem ist, war es uns schlicht nicht möglich, einen besseren Akku herzustellen.

3. Ihr seid sechs Personen im Team, wie habt ihr eure Zusammenarbeit organisiert?

Sophie Granitzny: Zu Beginn haben wir uns zusammengesetzt und einen Plan erstellt: Wir teilten die Aufgaben nach Qualifikationen untereinander auf und entschieden gemeinsam, wer für welchen Bereich am besten geeignet sei. Dadurch hatte jede Person ihr Aufgabengebiet und konnte sich eingehend damit beschäftigen - so wurden wir alle zu Expert:innen auf unserem Gebiet. Ausgehend von dieser Zuteilung, haben wir die Aufgaben individuell über die Wochen hinweg bearbeitet, uns aber einmal wöchentlich getroffen, um einander auf den neusten Stand zu bringen oder wichtige Entscheidungen als Gruppe zu treffen. Diese Treffen waren essenziell für die Ausarbeitung der Details unserer Idee, da man oftmals nur als Team auf die besten Ideen kommt.

4. Euer Coach Paul A. Rauh ist Lehrer des Jahres 2022 geworden – wie war die Zusammenarbeit mit ihm?

Philipp Wildermuth: Die Zusammenarbeit war vor allem eins: aufregend. Stellenweise auch ziemlich herausfordernd. Durch sein Wissen und seine Kontakte unterstütze uns Herr Rauh in jeglichen Etappen des Wett-bewerbs. Ganz egal, ob es um die technischen Hintergründe unseres Produkts ging oder um die Stärkung unserer Idee durch Interessens-bekundungen des Geisenheimer Bürgermeisters, eines war klar: Benötigten wir Ratschläge oder sonstige Hilfe, brauchten wir nur zu fragen. Ganz gleich, wann wir ihm auch schrieben, die Antwort kam verlässlich immer nach wenigen Stunden oder sogar Minuten. Darüber hinaus organisierte Herr Rauh uns öfters Meetings mit Expert:innen aus allen möglichen Bereichen. Diese Meetings waren einerseits herausfordernd, andererseits jedoch auch ziemlich aufregend und lehrreich und haben maßgeblich zu unserem Erfolg beigetragen.

5. Was war euer größtes Learning im gesamten Prozess? (Im Team und/oder fachlich?)

Larissa Schneider: Es ist schwierig zu sagen, was der größte Lerneffekt war. Während der monatelangen Zusammenarbeit zeigten sich vielmehr unzählige Herausforderungen, mit denen wir umgehen mussten. Als Freundesgruppe, die die Idee hatte, ein gemeinsames Projekt zu gestalten, begann es. Daraus entwickelte sich eine Arbeitsgemeinschaft, die ein Geschäftskonzept auf die Beine stellte. Dabei ergaben sich vielfältige Probleme, die sowohl die fachliche Seite des Projekts, als auch organisatorische Dinge (Zeitplanung, Zuweisung und Aufteilung der Aufgaben) und das Miteinander im Team betrafen. Überall stießen wir auf Neuland, das wir erst einmal erkunden mussten.

Am Anfang stand unser Wunsch, klimafreundliches und effizientes Laden von E-Bikes für jede:n zu ermöglichen. Davon waren wir alle begeistert. Als nächstes stellte sich die Frage, wer im Team welche Aufgabe übernimmt. Es war uns wichtig, zu eruieren, wer für welche Aufgabe am besten geeignet ist und von welcher Zuordnung und von welchen Qualitäten des Einzelnen das Team am meisten profitieren kann. Nun starteten wir in eine monatelange Phase der Ausarbeitung unseres Geschäftskonzepts, die sich in neun Arbeitsschritte mit wöchentlichen Deadlines gliederte. Während des Projekts bemerkte manchmal eine:r von uns: Okay, da brauche ich Hilfe und muss mir eingestehen, das schaffe ich nicht alleine! Dann war es wichtig, dass andere bereit und willens waren, Zusatzaufgaben zu übernehmen, auch wenn es auf Kosten ihrer Freizeit ging – einfach, weil es für das gemeinsame Ziel notwendig war. Gegenseitiges Helfen war essenziell. Wenn jemand aus dem Team einen Fehler machte oder eine Meinung hatte, die man selbst nicht teilte, mussten wir damit umgehen.

Wir lernten, wie man rücksichtsvoll Kritik anbringt, aber auch annimmt, ohne sich auf einer persönlichen Ebene angegriffen zu fühlen. Das kann unter Freund:innen oft schwierig sein und auch zu Differenzen führen. Diese mussten wir kommunizieren und klären. Aus dem Projekt ist ein Team entstanden, in dem man sich aufeinander verlassen und einander vertrauen kann. Wir haben gemerkt, dass jede:r im Team wichtig ist, und dass es auf jeden Einzelnen ankommt. Aus einer anfänglich häufig unproduktiven Zusammenarbeit ist ein arbeitsteiliges, effektives Zusammenwirken geworden.

Gelernt haben wir vor allem, dass Teamarbeit ein dynamischer Prozess ist, der jedem Einzelnen ein hohes Maß an Flexibilität und Einsatzbereitschaft abverlangt. Ist jede:r bereit, alles - auch für andere - zu geben, kann man alles erreichen.

6. Wie war der Moment, als ihr erfahren habt, dass ihr unter den Top Ten seid – und habt ihr damit gerechnet, dass es Platz eins werden könnte?

Sophie Granitzny: Wir saßen, jeweils nichtsahnend, auf den Sofas in unseren WGs (unser gesamtes Team geht gemeinsam auf ein Internat) - und dann kam die Nachricht, dass wir unter den Top Ten sind. Wir konnten es nicht glauben, waren fassungslos und umarmten uns überglücklich, denn all die harte Arbeit hatte sich gelohnt. Die Top Ten zu erreichen, war unser erstes Ziel gewesen. Allein die zehnte Platzierung zu erreichen, wäre ein riesiger Erfolg für uns gewesen und weitaus mehr, als wir erwartet hatten. Den ersten Platz zu belegen - davon träumten wir nicht mal. Bis heute ist der erste Platz ein unwirkliches Gefühl.

7. Ihr habt bereits Gespräche mit Stakeholder:innen geführt – wie geht es weiter? Bringt ihr die vStation auf den Markt?

Robin Lagaly: Auch, wenn die Idee sehr verlockend ist, sich nach einem solchen Erfolg direkt in das Gründen zu stürzen, legen wir mit unserem Projekt erstmal eine Pause ein. Der Wettbewerb hat uns einiges über das Gründen gelehrt, uns an Projekt- und Businessplanung herangeführt und uns ermöglicht, breitgefächert neues Wissen anzueignen. Dies nahm, neben dem normalen Unterricht, natürlich viel Zeit und Energie in Anspruch. Da wir alle in erster Linie Schüler:innen sind und im nächsten Jahr unser Abitur ablegen, wissen wir aus der Erfahrung des letzten Jahres, wie schwierig und arbeitsintensiv es ist, alle Aufgaben des Wettbewerbs neben der Schule zu bearbeiten. Daher haben wir uns entschieden, uns im nächsten Jahr auf unser Abitur zu konzentrieren.

Ein Start-up läuft leider nicht einfach so nebenbei, sondern erfordert volles Engagement und unsere ungeteilte Aufmerksamkeit, die wir neben den Abiturvorbereitungen nicht aufbringen könnten. Ob und wie wir nach dem Abitur zusammenfinden, um die Idee weiter zu verfolgen, wird sich zeigen. Auf jeden Fall haben wir mit unserer Idee gezeigt, dass es durchaus noch Verbesserungsbedarf in dem Bereich grüne Mobilität gibt, und dass diese als funktionierendes Geschäftsmodell umgesetzt werden kann.

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