„Von außen und innen schön“ – nachhaltiges Design von Bridge&Tunnel – Interview mit Constanze Klotz, Mitgründerin von Bridge&Tunnel

Die Näherinnen von Bridge&Tunnel produzieren nachhaltige und faire Designs aus Alttextilien. Das alles war die Idee von Conny und Lotte, die das Start-up vor einigen Jahren gemeinsam gegründet haben. Im Interview erzählt Conny euch von Social Entrepreneurship, transparentem pricing, ihrem Team und den Materialien, mit denen sie arbeiten.


1. Das Thema Social Entrepreneurship spielt auch in deinem Unternehmen eine wichtige Rolle. Welche?

Wir haben unser Label Bridge&Tunnel als Social Business aufgestellt. Das haben wir deshalb getan, weil wir fest daran glauben, dass sich gesellschaftliche Missstände durch unternehmerische Ansätze lösen lassen. Und zwar nicht im Sinne einer CSR Abteilung, sondern als Kernbusiness. In unserem Fall bedeutet es, dass wir Design entwickeln wollen, das von außen und innen schön ist. Und Mode wieder zu dem macht, was sie einmal war: ein langlebiger Wegbegleiter und ein Thema voller Leidenschaft.

Wir arbeiten deshalb ganzheitlich nachhaltig. Alle unsere Designs entstehen aus Textilen, die bereits ein Leben hatten. Damit schonen wir Ressourcen und zeigen zukunftsweisende Lösungen für ein Problem auf, dass unsere Konsumgesellschaft selbst verursacht hat: wir ersticken in Textilien.

Gefertigt werden alle Produkte in unserer eigenen Manufaktur in Hamburg. Dort beschäftigen wir nur Menschen, die Schwierigkeiten hatten auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Aber nicht, weil sie nichts können, sondern weil ihre Talente oft nicht in der Form erfasst sind, wie es in Deutschland erwartet wird. Wir nennen diese Einstellungspolitik auch „talents over diploma“.

So verhelfen wir Talenten aus aller Welt zu einem erfüllenden Job mit Anerkennung und Textilressourcen zu einem neuen Leben in style.

2. Ihr habt zu zweit gegründet. Wer arbeitet noch bei euch? Wie setzt sich euer Team zusammen und worauf achtet ihr bei der Auswahl eurer Mitarbeiter:innen??

Bei unserem Label beschäftigen wir mittlerweile 13 Personen. Die Mehrheit arbeitet in der Produktion. Bei der Auswahl unserer Mitarbeiter:innen achten wir vor allem darauf, den Menschen eine Chance zu geben, die es auf dem regulären Arbeitsmarkt schwer haben. So haben wir etwa eine gehörlose Näherin in unserem Team oder viele Frauen, die auf eine lange Zeit der Arbeitslosigkeit zurückblicken, aber allesamt fantastisch nähen können. Wir stellen unsere Mitarbeiter:innen auch immer und immer wieder sehr transparent auf Social Media und unserer Website vor. Alle Produkte tragen zudem ein Autogramm unserer Näher:innen auf dem Waschlabel.

3. Was produziert ihr und woher bekommt ihr euer Material??

Bei uns ist der Designprozess umgekehrt. Das heißt wir schauen zuerst, welche Resttextilien uns zur Verfügung stehen und dann entwickeln wir daraus ein Design. Seit Anbeginn arbeiten wir schon aus pre-loved Denims. Die Produkte, die wir daraus entwickeln, sind deshalb vor allem Produkte, die sich aus festem Textil anbieten. Dazu gehören verschiedene Taschen und Accessoires, Home Textiles wie große Tagesdecken und Kissen oder ausgewählte Fashion Pieces wie unser Blouson.

4. Ihr habt transparentes pricing – was bedeutet das?

Wir haben nichts zu verbergen, sondern glauben viel mehr daran, dass Preise offen kommuniziert werden müssen, um zu verdeutlichen, welchen Wert textile Arbeit eigentlich hat. In unserem Webshop kann man daher unter jedem Produkt den Button transparentes pricing anklicken. Dort dröseln wir dann ganz genau auf, wie sich der Verkaufspreis prozentual zusammensetzt. Das bei Upcycling zum Beispiel die Materialaufbereitung einen großen Teil einnimmt, und dass man am Ende natürlich auch die gute alte Mehrwertsteuer nicht vergessen darf. Last but not least geht es bei Transparenz nämlich um Vertrauen. Leben wir das, was wir sagen?

5. Bridge&Tunnel ist seit 2022 eine eigenständige GmbH. Wie habt ihr das geschafft? Und merkt ihr dadurch auch eine größere Verantwortung?

Die Verantwortung seit der GmbH Ausgründung ist tatsächlich dieselbe geblieben. Für uns war der Übergang von der gemeinnützigen GmbH zur GmbH vor allem deshalb spannend, weil wir damit zeigen wollen, dass sich Social Business Modelle auch wirtschaftlich rechnen können.

6. Gibt es eine Geschichte zu eurem Namen?

Der Name unseres Labels Bridge&Tunnel bezieht sich nicht nur auf die Insellage unseres Produktionsortes Wilhelmsburg, den man nur über Brücken oder den Elbtunnel erreicht. Wir möchten Brücken in den ersten Arbeitsmarkt bauen. Dazu setzen wir auf die Expertise und Motivation der Menschen, die bei uns arbeiten. Denn es sind ihre Geschichten, die unsere Produkte – alles Unikate – so einzigartig machen.
Unser multinationales Nähteam begleiten wir engmaschig. Wir leisten Hilfe bei Behördengängen, klären Rechtsfragen oder suchen auch schonmal eine Wohnung. Für handwerkliche Fragen haben wir professionelle Anleiterinnen mit an Board. Die Qualifizierung und die spätere Beschäftigung stemmen wir in enger Kooperation mit dem zuständigen Jobcenter. Und organisieren Sprachcoachings für die sprachliche Weiterentwicklung.
Unser Ziel? Auch in Zukunft sollen alle Erlöse in das Unternehmen fließen. So schaffen wir weitere Arbeitsplätze für gesellschaftlich benachteiligte Menschen. Und sichern die unseres jetzigen Teams.

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